Um das Ausscheiden der Schweizer am America’s Cup gegen die Engländer richtig zu stellen, haben sich acht Blauweisse aufgemacht die grosse Seenation in Ihrer eigenen Hauptstadt an der Great River Race Regatta quer durch London zu schlagen.
Um in Stimmung zu kommen und die Kraftspeicher zu füllen, trafen wir uns am Vorabend im Royal Automobile Club, einem der grossen Gentlemen’s Clubs Londons. Dank Jan hatten wir Zutritt zu einer Welt, die Normalsterbliche gewöhnlich nur aus Erzählungen kennen – Phileas Fogg lässt grüssen. Ein Ort der Entspannung mit allen Annehmlichkeiten für den Gentleman: einem legendären Swimmingpool, Squash-Courts, Dampfbädern, Saunen, Billardtischen, Schach- und Backgammonbrettern, verschiedenen Bars, einer grossen Terrasse und einen der schönsten Speisesäle Londons im Stile Versailles. Genau da hat uns Jan den alles überragenden Tisch auf der Great Gallery reserviert. Gegessen haben wir alle etwas anderes, getrunken aber in etwa dasselbe: Gin Tonic in der Cocktail Bar, Weisswein zur Vorspeise, Rotwein zum Hauptgang und natürlich Dessertwein zum Nachtisch. Gefolgt von ein paar Gläsern Scotch in der Long Bar. Wir waren somit hochmotiviert und bestens gerüstet für die grosse Aufgabe des folgenden Tages.
Das Great River Race führte uns bei Sonne und sommerlichen Temperaturen auf der Themse von Greenwich bis nach Richmond 35 Kilometer durch ganz London. Vorbei an den grossen Sehenswürdigkeiten wie der Tower Bridge, Saint Paul’s Cathedral, dem Parlament oder der Tate Modern. Die schiere Grösse der Stadt wurde uns klar vor Augen geführt. Zum Glück wurden wir von den Zuschauern an den Ufern und auf den Brücken, den Schlachtrufen der gegnerischen Ruderboote und von Heerscharen von Betrunkenen auf Partybooten, die zu Super Trouper von Abba tanzten, angefeuert.
Auf dem zweiten Teil ruderten wir auf der Strecke des Oxford – Cambridge Boat Race, einfach in umgekehrter Richtung: von der Chiswick- zur Putney Bridge. Unsere Farben waren allerdings weder hell- noch dunkelblau, sondern einfach weiss-blau. GC eben.
Der letzte Streckenabschnitt war beschaulich und führte uns durch grüne Parks mit imposanten Baumbeständen nach Richmond, einem hübschen englischen Dorf ausserhalb Londons. Das Resultat: Wir landeten auf dem 113. Rang von insgesamt 270 teilnehmenden Booten. Der Grasshopper wurde somit zum Wasserfloh und die Ehre der helvetischen Seefahrer war wieder hergestellt.
Unser Effort wurde mit einem hochoffiziellen Zertifikat für jeden Teilnehmer, Hamburgern, Würsten und Bier in einer Sumpflandschaft belohnt. Dass wir dabei bis zu den Knöcheln im Wasser standen, haben die Engländer nicht einmal bemerkt.
Was für Erlebnis! Dieses Wochenende war einzigartig und wird uns lange in Erinnerung bleiben. Zu verdanken haben wir dieses Abenteuer Edgar, der alles ins Rollen gebracht und in unzähligen Stunden minutiös geplant hat. Vielen herzlichen Dank an Dich, lieber Edgar, für Deine Initiative und die unschlagbare Vorbereitung sowie Durchführung. Und ein grosses Dankeschön an Jan, der uns die Türen des Royal Automobile Club geöffnet hat. Mit dem GC-Teamgeist ist alles möglich.
An dieser ungewöhnlichen Regatta haben teilgenommen:
Tobias Baumgartner, Rafael Dorn, Jonathan Dunn, Edgar Heggli, Herbert Spitzer, Dan Weilenmann und zwei Zuzüger als Verstärkung, nämlich Christian Hirsch aus London und Vadim Pouzynin aus Paris. Jan Remmen hat uns den aussergewöhnlichen Prolog im Royal Automobile Club ermöglicht, musste aber leider bereits am 21.09.24 nach Hongkong abreisen und konnte darum an der Regatta nicht teilnehmen.
Unser Boot, ein schwerer Kutter ohne Rollsitze, konnten wir dank der gütigen Vermittlung von Jeremy Randall, Chairman des Great River Race Trust beim Ahoy-Centre in Greenwich mieten.
Autor: Tobias Baumgartner