Von Sonntag bis heute, Dienstag dem 21. Mai, fand am Rotsee die finale Qualifikationsregatta für die Olympischen Spiele in Paris statt. Nachdem der Vierer ohne mit Tim an der letzten Weltmeisterschaft den Fahrschein nach Paris nach einem fulminanten Rennen auf den letzten Metern an die Rumänen abgeben mussten, war es jetzt die letzte Möglichkeit noch einen Startplatz für Paris zu ergattern.
Nach einer eher schwachen Saison des, gegenüber dem Vorjahr unveränderten, Vierers mit Kai Schätzle (Seeclub Luzern), Patrick Brunner (Seeclub Sempach), Tim (GCZ) und Joel Schürch (Seeclub Sursee) mit je fünften Plätzen am WRC I in Varese und den Europameisterschaften in Szeged (Ungarn), hofften die vier Jungs im Training noch einen Steigerungslauf machen zu können. Hauptgegner um die Qualifikation waren die Italiener, welche aus der damaligen Sicht in einer anderen Kategorie ruderten (Sieg und 15 Sekunden Vorsprung auf die Schweiz in Varese und Vizeeuropameister), die Deutschen, welche in Varese die Schweiz um lediglich 0.1 Sekunden geschlagen hatten und die Südafrikaner. Am Freitag dem 3. Mai kam für uns dann die erste Hiobsbotschaft. Tim rief an und sagte, dass er Fieber hatte, es aber etwas besser gehen würde. Wir insistierten, dass er am Montag zum Mannschaftsarzt gehen soll, da mit Infekten und hohen Belastungen wegen möglichen Herzmuskelentzündungen bekanntlich nicht zu spassen ist. Am Montag dann die zweite Hiobsbotschaft: Tim hatte eine Lungenentzündung. Das hiess Antibiotika und der nächste Termin war die Kontrolle am folgenden Mittwoch. Die Teilnahme an der Qualiregatta hing an einem seidenen Faden. Am Mittwoch dann die gute Nachricht, Tims Infekt hatte sich unerwartet schnell zurückgebildet. Am Donnerstag das erste leichte Training und ab Samstag hiess es wieder volle Kraft voraus.
Dann kam der Sonntag mit den Vorläufen. Die Schweiz hatte das Glück, im Vorlauf nicht die Italiener zugelost zu bekommen, weil sich nur das erste Boot direkt für das A-Finale qualifizieren konnte. Die Schweiz kam zwar gut aber langsam aus dem Startnachen und lag nach den ersten 500 Metern 0.8 Sekunden hinter den Deutschen und 0.1 Sekunden hinter den Chilenen zurück. Wir Zuschauer wurden etwas nervös. Dann aber fand der Schweizer Vierer den Rhythmus und schob sich langsam aber stetig an den führenden Booten vorbei und lag bei 1000 Metern bereits an der Spitze des Feldes. Die Schweizer konnten auf der zweiten Streckenhälfte ihren Vorsprung stetig ausbauen und lagen im Ziel über vier Sekunden vor den Deutschen. Im anderen Vorlauf siegten erwartungsgemäss die Italiener vor der Ukraine und den Südafrikanern. Überraschend war, dass die Schweizer 1.5 Sekunden schneller gerudert waren als die Italiener. Dies liess die Erwartungen für das Finale steigen.
Im Finale am Dienstag kamen die Schweizer besser resp. schneller aus dem Startnachen. Nach 500 Metern lagen sie 0.8 Sekunden hinter den Italienern und 0.2 Sekunden vor den Deutschenauf dem zweiten olympiaberechtigten Platz. Auf den zweiten 500 Metern konnten sie sich von den, auf dem dritten Rang rudernden, Deutsch absetzen, so dass der Vorsprung bei Streckenhälfte bereits 2 Sekunden betrug. Mit einem super Rhythmus konnten sie sogar zu den Italiener aufschliessen. Die beiden Boot trennten bei Streckenhälfte gerade mal 0.2 Sekunden. Auf der zweiten Streckenhälfte zeigten die Italiener mit den ehemaligen Zweier ohne Weltmeistern Lodo und Vicino ihre Klasse und konnten die Schweizer wieder etwas distanzieren. 500 Meter vor dem Ziel war der Rückstand zu den Italienern auf 1.5 Sekunden angewachsen. Wichtiger war, dass der Vierer mit einem Vorsprung von 3 Sekunden auf die Endspurtstarken Deutschen in das letzte Streckenviertel gingen. Die letzten 500 Meter liefen ordentlich, bis auf die letzten 100 Meter, wo das Boot etwas auseinanderfiel. Im Ziel betrug der Rückstand auf die Italiener ca. 2.5 Sekunden und der Vorsprung auf die Deutschen knapp 2 Sekunden. Das Ticket nach Paris war gesichert. Im Schweizer Supporter Team war die Begeisterung gross und es flossen Freudentränen. Die Steigerung der Schweizer ist grossartig, betrug der Rückstand am WRC I auf die Italiener noch 15 Sekunden.
Die beiden Frauendoppelzweier (leicht und schwer) hatten konnten den erhofften Exploit nicht erreichen und verpassten den qualifikationsberechtigten zweiten Platz deutlich. Der leichte Doppelzweier mit Eline Rol und Olivia Nacht zeigten ein beherztes Rennen, mussten aber mit dem fünften Platz vorlieb nehmen. Der schwere Frauendoppelzweier mit Jannine Gmelin und Nina Wettstein setzte alles auf eine Karte und ging fulminant vom Start weg, konnte sich bis knapp zur Streckenhälfte auch auf dem zweiten Rang halten, musste aber danach dem hohen Starttempo Tribut zollen und war im Ziel ebenfalls Fünter.
Im Frauen Skiff startete Aurelia Janzen (ich verzichte hier auf alle Vornamen) stark, wurde aber bis zur Streckenhälfte von der Irin und ehemaligen Weltmeisterin Sanita Puspure und der Spanierin Virginia Diaz Rivas klar auf den dritten Platz verwiesen. Bei 1500 Meter war der Abstand auf die führende Irin über 5 Sekunden und die Spanierin über 3 Sekunden. Olympia schien weit weg. 200 Meter vor dem Ziel hatte die führende Irin plötzlich technische Probleme (wie das Video vermuten lässt, löste sich eine Dolle), die Spanierin und Aurelia konnten vorbeiziehen. Im Ziel lag Aurelia knapp 2 Sekunden hinter der Spanierin und konnte sich den Startplatz für Paris sichern. Puspure konnte nur noch ins Ziel paddeln und wurde fünfte Das zeigt, dass man nie ein Rennen vorzeitig für verloren geben soll.
Das spannendste Rennen des Tage war aber der Männerachter mit den USA, Italien, Kanada und Österreich. Die USA waren klar favorisiert. Der Kampf um Platz zwei sollte aufgrund des Vorrennens zwischen Kanada und Italien stattfinden wobei hier den Kanadiern die Favoritenrolle zukam. Es kam zuerst aber etwas anders. Nach 500 Metern lagen die Italiener mit gut 2 Sekunden Rückstand auf die führende USA und gut einer Sekunde Rückstand abgeschlagen auf dem vierten Rang. Bis 1000 Meter konnten sich die Italiener immerhin an den stark nachlassenden Österreichern vorbeischieben, lagen aber mehr als zwei Sekunden hinter Kanada. Bis 1500 Meter konnten die Kanadier ihren Vorsprung noch leicht, auf anderthalb Längenausbauen. Dann aber zündete der Italienische Achter den Nachbrenner und die Italiener flogen förmlich mit Schlagzahl 45 dem Ziel entgegen. Im Ziel hatten sie ziemlich genau einen halben Bugball (0.01 Sekunden) Vorsprung auf die Kanadier. Kanada war draussen, die Italiener drinnen.
Den vier Schweizern bleibt nicht viel Erholung. Nächstes Wochenende steht der WRC II («Rotseeregatta») an. Dort geht es dann mit Ausnahme der Italiener und der Rumänen gegen die gesamte Weltelite mit Grossbritannien, den USA, Australien, Neuseeland, Frankreich und Holland. Und danach die Vorbereitung für Paris. Good luck boys!
Tom Roth
Bilder: Detlev Seyb